Was soll der Quatsch?

Die Sache mit den Großbuchstaben

Ein klingonischer Text sieht immer etwas ungewöhnlich aus, da es scheinbar willkürliche Groß- und Kleinschreibung gibt. Da steckt aber ein System dahinter.
Auszug aus der kleine Prinz

Großbuchstaben kennen wir alle, jedenfalls so lange es sich um das lateinische Alphabet dreht (Die meisten anderen Schriftsysteme verwenden dies nicht, aber das ist ein anderes Thema).

In vielen Sprachen führt es häufig zu Diskussionen, wann man etwas groß schreibt und wann nicht, wie häufig bei Eigennamen, und vor allem im Deutschen bei Substantiven, was alle anderen Sprachen übrigens nicht machen. Eines haben sie aber alle gemeinsam: Es bezieht sich immer nur auf den ersten Buchstaben eines Wortes!

Klingonisch ist anders

Jeder, der mal einen klingonischen Text gesehen hat, wird es sicher wissen: im Klingonischen gibt es Großbuchstaben auch mitten im Wort. Das sieht für den Laien oft willkürlich aus, ist es aber nicht und hat ein System, was sogar sehr wichtig ist.

Ein pragmatischer Hintergrund

Die Erklärung für dieses Phänomen ist so simpel wie es pragmatisch ist: Als der Erfinder der Sprache Marc Okrand im Jahre 1984 seine ersten Dialoge für Star Trek III: Auf der Suche nach Mister Spock schrieb, lange bevor Das offizielle Wörterbuch erschien, hatte er schlichtweg keine anderen Mittel zur Verfügung als eine simple Schreibmaschine, um die Sprache abzubilden.

So konnte er also weder etwas in Fettschrift darstellen, noch irgendwelche Sonderzeichen verwenden. Um also jene Zeichen hervorzuheben, deren Aussprache deutlich anders ist, verwendete er einfach Großbuchstaben, die in einem Wort deutlich hervorragten. Zum Beispiel erkennt man so gleich, dass im Wort vIneH (ich will es) dass das I und das H anders gesprochen werden – die anderen (fast) ganz normal.

Ursprünglich war diese Schreibweise ausschließlich für die Schauspieler gedacht. Bei der Veröffentlichung des Wörterbuchs wurde diese Schreibweise weiter verwendet, denn damals hatte wirklich niemand daran gedacht, welche Auswirkungen das haben würde, und dass diese Schreibweise überhaupt jemals außerhalb dieses Wörterbuchs verwendet würde.

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Ausschnitt aus den klingonischen Notizen für Star Trek VI: Das Unentdeckte Land (1991)
Die Bindestriche helfen den Schauspielern, die Silben zu erkennen.

Grundregeln

Im Grunde ist es einfacher als man denkt, wenn man dabei ein paar Grundaspekte und Regeln verinnerlicht:

  • Als Hauptregel sollte man wissen, dass sich die Großschreibung niemals ändert, sondern immer gleich bleibt. Egal, ob Satzanfang oder Eigenname, es bleibt einfach immer gleich, ohne Ausnahme.
  • Eine kleine Abweichung gibt es trotzdem, obwohl auch diese konsequent ist: Der Laut gh wird als eigenständiger Laut betrachtet. Daher gilt weiterhin, dass der Buchstabe H immer groß geschrieben wird. Falls das h mal klein ist, dann nur in Kombination mit dem g von gh. Auch wird das g niemals alleine stehen.
  • Es wird dringend davon abgeraten, in Großbuchstaben zu schreiben (TLHINGAN HOL DAJATLH'A') da dies schwer zu lesen ist, und zudem Probleme mit Q erzeugen kann. Dazu später mehr.
  • Auch wenn man in sogenannten Kapitälchen schreibt wird es schwer, das zu lesen, da es sehr ungewöhnlich wirkt: DaHjaj tlhIngan Hol vIghoj vIneHbej

Probleme

Unterscheiden zwischen I und l

Bei der Verwendung einer modernen serifenlosen Schrift ist es nahezu unmöglich, das l wie "Leipzig" von dem großen I wie "Ingelheim" zu unterscheiden. Fortgeschrittene Sprechende kommen damit gut klar, aber Anfangende haben sicherlich Probleme mit Wörtern wie vIlInHoD.

Hinzu kommt, dass wenn klingonische Sätze von Hand übertragen werden, man sehr leicht das I mit dem L verwechseln kann und damit unwissentlich einen falschen Text verbreitet, sobald man diesen Text in klingonische Zeichen umwandelt. Dies passierte unter anderen bei einem T-Shirt mit Sheldon Cooper, auf dem der Text bortaS bIr geschrieben wurde als BORTAS BLR.

Vergleich von exten mit und ohne Serifen
Der Vergleich zeigt deutlich, wie hilfreich Serifen sein können.

Das kann auch den Profis passieren: In der ersten Ausgabe von The Klingon Way (dtsch. Titel „Die Ehre der Klingonen“) stand das Wort vanglu'taHvIS auf Seite 55 mit einem großen I wie Ingelheim, wobei es ein kleines L sein sollte. Dies wurde in der zweiten Auflage korrigiert.

Das Q-Problem

Eins der häufigsten Probleme beim Wechseln zwischen klein und groß bietet der Buchstabe Q, denn dieser existiert gleichzeitig in kleiner und großer Schreibweise. Der Unterschied sorgt für eine Variation der Aussprache und dadurch auch zu komplett verschiedenen Wörtern: vergleiche Qeq zielen – qeq üben – qeQ Fäkalien. Das Problem erscheint vor Allem in Computer-Systemen, zum Beispiel wenn es um das Sortieren von Daten geht, wenn diese Sortierung nicht auf die Großschreibung achtet. Auch sind Dateinamen manchmal nicht "case-sensitive", wie die Fachleute sagen, so dass man nicht zwischen qIl und QIl unterscheiden kann; Auf einem Windows-Rechner kann man nicht gleichzeitig zwei Dateien mit den Namen qoq.txt und QoQ.txt haben. Bei der klingonischen Sortierung kommt daher das Wort qIp (schlagen) vor dem Verb Qal (schwimmen). Aus diesem Grund wurden in den die Seitennamen des Klingonisch-Wiki einige Buchstaben ausgetauscht. So findet man das Wort qeylIS (Kahless) auf der Seite Namens "KeylIS":

http://klingon.wiki/Word/KeylIS

Erscheinungsbild

Ein weiteres Problem, das diese Methode mit sich bringt, ist das Erscheinungsbild in geschriebener Form und wie es auf Außenstehende wirkt. Es ist eine häufige Reaktion, dass Leute behaupten, ein klingonischer Text sähe aus, als sei jemand auf der Tastatur eingeschlafen, oder dass es willkürliche Zeichen seien.

Mitunter ist dies ein Grund, weswegen die klingonische Sprache von vielen nicht ernst genommen wird, auch wenn sie offiziell anerkannt ist. Zum Beispiel wirken sowohl die bekannte Begrüßung aus der Na'vi-Sprache, aus dem Film Avatar, Oel ngati kameie“ und auch die Begrüßung im Sindarin aus Herr der Ringe Suilad! Ci mael?“ absolut natürlich, wobei der klingonische Gruß nuqneH durch die Verwendung des großen H eher seltsam aussieht.

Schreiben

Klingonisch auf dem Computer ist recht umständlich und die Großstell-Taste wird sich schneller abnutzen als üblich. Aber auch von Hand schreiben ist äußerst ungewöhnlich, muss man doch mitten im Wort einen Großbuchstaben einfügen.

Auf Klingonisch

Da es im Klingonischen Alphabet keine Großschreibung gibt, existiert kein eigenes Wort, um die Großschreibung zu bezeichnen. Man sagt in diesem Fall einfach ngutlh tIn großer Buchstabe oder ngutlh mach kleiner Buchstabe.

Egal, welches System man verwendet, man wird sich schnell daran gewöhnen. Es bedarf nur etwas Übung. Sobald man oft genug Klingonisch geschrieben hat, wird es einem irgendwann schwer fallen, das Wort „Triatlhon“ auf Anhieb richtig zu schreiben.

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ÜBER DEN AUTOR

Lieven L. Litaer ist Klingonischexperte, Autor, Gründer des Deutschen Klingonisch-Instituts und weltweit bekannt als der Klingonischlehrer überhaupt. Mehr Informationen darüber gibt es auf seiner Seite www.lieven-litaer.de

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