Seit dem Auftauchen des Bing-Übersetzers im Jahr 2013 habe ich jahrelang gepredigt, dass man einem Online-Übersetzer nicht vertrauen darf, jedenfalls wenn es um Klingonisch geht. Da auch alle anderen Apps und Webseiten sich auf Microsofts Bing stützen, waren die Ergebnisse in der Regel genau so falsch wie wenn man sie direkt aus Bing nehmen würde.
Jetzt neu: die KI
Jetzt kommt aber die KI mit ChatGPT, Grok und vielen anderen Möglichkeiten. Ob die jetzt Klingonisch besser können? Zum Star-Trek-Tag 2025 kündigte der Softwarehersteller Précis AI an, ihre App könne nun auch Klingonisch[1]. Als euer Klingonischlehrer muss ich dem mal nachgehen und das prüfen.
ChatGPT und Klingonisch
Die Fähigkeiten von ChatGPT und Konsorten sind zugegebenermaßen sehr beeindruckend. Lange habe ich mich davor gescheut, es mir auch nur anzuschauen. Bei meinem ersten Versuch war ich aber überrascht und erschrocken zugleich, wie natürlich die Antworten des Chatbots wirken, und auch darüber, wie inhaltlich korrekt es ist… meistens. Wenn man Informationen abfragt, deren Antwort man innerhalb zehn minuten Google-Suche selbst findet, dann bietet ChatGPT innerhalb von Sekunden eine schöne Zusammenfassung an. Sobald es aber ins Detail geht – und die Antwort vermutlich nicht einfach so im Netz zu finden ist – dann stößt die KI an ihre Grenzen.
Genauso verhält es sich bei Klingonisch. Bei meiner Analyse (bzw. Zerreißen) von KI-generierten Büchern der vergangenen Zeit (siehe Anti-Werbung für schlechte Bücher) habe ich genau darauf hingewiesen. Im zweiten Artikel bespreche ich ein französisches Buch über Klingonisch. Dessen Inhalt war auf den ersten Blick fast lobenswert korrekt, aber je mehr es in das Dickicht der klingonischen Grammatik ging, umso falscher wurden die Aussagen.
Macht Précis AI das besser?
In der Pressemitteilung vom 8. September 2025[1] wird stolz behauptet, dass ihre KI nun Klingonisch kann: »The World’s First Klingon-Speaking AI Launches on Star Trek’s 59th Birthday«. Dazu wird ein Beispiel gezeigt, was sich aber leider schnell als fehlerhaft entpuppt, und das nicht nur ein wenig:
“Just imagine the carnage after mispronouncing SoSwIj SuvwI’ SoHvaD Hegh vIghro — ‘my mother screams for your death’ — with the phonetically similar SoS DuQ’a’ FerengI QeH ‘ej bIQ’a’ vIghro — ‘your mother smells like Ferengi ear wax and pus,'” – David Fuscus, founder of Précis AI
Übersetzung: „Stellen Sie sich das Gemetzel vor, wenn jemand den Satz SoSwIj SuvwI' SoHvaD Hegh vIghro' Meine Mutter schreit nach deinem Tod, so ausspricht, wie den ähnlich klingenden Satz SoS DuQ'a' FerengI QeH 'ej bIQ'a' vIghro' Deine Mutter riecht nach Ferengi-Ohrenschmalz und Eiter‘.
Analyse
Der erste Satz beginnt schon mit einem groben Fehler: Das Wort SoSwIj (deine Mutter) endet mit einer Silbe, die man nur für Gegenstände verwendet – Ein absolutes Tabu für das Wort "Mutter"! Der Rest des Satzes endet mit Hegh vIghro' "Die Katze stirbt", was wenig mit der beabsichtigten Aussage zu tun hat. Im zweiten Teil wird das Wort "Ferengi" nicht übersetzt, obwohl die klingonische Schreibweise verengan schon seit 1992 in Okrands offiziellen Wörterbuch steht![2] Sogar das Wort für Ohrenschmalz (Serrum) ist seit 2003 bekannt[3] und fehlt im obigen Satz komplett.
Pressebericht als Audio
Um den Unsinn ihrer Behauptung zu untermalen, enthält der Pressebericht eine künstlich generierte Tonaufnahme der Pressemeldung auf Klingonisch, die aufgrund der verwendeten KI mit einem englischen Akzent gesprochen wird. Ich konnte zuerst nicht einmal erkennen, welche Sprache das sein soll:
Ein weiterer Trittbrettfahrer
Leider muss ich es hier sehr hart formulieren: Hier versucht wieder jemand mit Klingonisch Aufmerksamkeit zu erhalten, was offensichtlich gut funktioniert, denn sonst hätte ich diesen Artikel nicht geschrieben (siehe dazu das Kapitel "Trittbrettfahrer" in meinem Buch Klingonisch – Vom Requisit zum Kult).
Man kann mir nicht weismachen, dass die Macher dieser KI davon überzeugt sind, dass ihre klingonische Übersetzung gut ist. Jeder Softwareentwickler testet sein Produkt vor der Veröffentlichung, und dieses hingerotzte Klingonisch ist so wertvoll wie ein selbstfahrendes Auto, das rückwärts auf die Autobahn auffährt.
Wen interessiert's?
Ich will niemandem böse Absicht unterstellen, aber mir scheint, dass es denen egal war, ob das Ergebnis gut ist. Sie haben es nur zur Aufmerksamkeit verwendet. Frei nach dem Motto: "Das merkt doch eh keiner."
Es gibt aber Leute, die das merken, und solche, die das interessiert. Für diese Leute arbeiten wir als Deutsches Klingonisch-Institut und führen diesen Blog, um euch darüber zu informieren.
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Einzelnachweise:
- https://precisai.com/an-ai-klingon-translator/ veröffentlicht am 08.09.2025
- Okrand, Marc. The Klingon Dictionary, S. 185; → Eintrag im Klingonisch-Wiki
- HolQeD Vol. 12 Ausgabe 4, Dezember 2003; → Eintrag im Klingonisch-Wiki