noktak joch da-ettel. – Bitte, was?
Darmstadt. (red) Auf einer Science-Fiction-Austellung kam es zu einem tödlichen Zwischenfall, nachdem ein Klingone durch einen Terraner schwer beleidigt wurde. Bei späteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Sternenflotten-Offizier aufgrund seiner schlechten Aussprache unbewusst eine äußerst schwerwiegende Beleidigung getätigt hatte.
Begegnung der dritten Art
So oder so ähnlich hätte es in der Presse stehen können, wenn wir als echte Klingonen unterwegs gewesen wären.
Während meiner Mission, das klingonische Wort zu verbreiten und verlorene Klingonisten für den Klingonischkurs in Saarbrücken zu gewinnen, waren wir bei den Darmstädter SpaceDays auf diesen netten Födie gestoßen. Eigentlich an einem Stargate-Stand postiert, teilte uns seine Kollegin stolz mit, "Oh, Klingonisch! Da musst du mit ihm sprechen. Er kann nämlich sehr gut Klingonisch!" Er, der in seiner viel zu engen Föderationsuniform weniger an den alternden Captain Kirk sondern eher an den Comic-Verkäufer von den Simpsons erinnerte, teilte mir noch stolz mit, er habe seit Jahren mal wieder seine alte Uniform aus dem Schrank geholt. tlhIngan Hol Dajatlh'a'? (Sprichst du Klingonisch?) fragte ich deutlich und langsam, damit er es auch versteht, denn ich wollte ihn nicht gleich überfordern. Da kam gleich die Korrektur von seiner Stargate-Kollegin, die sagte, ich spräche dies zu hoch aus. Ich war schon leicht verwirrt, weil ich nicht genau wusste, wie man etwas hoch oder tief 'aussprechen' kann. Dann wurde es mir aber klar: sämtliche Klingonen haben ja eine sehr tiefe Stimme.
Ein zweiter Versuch
Lassen wir dieses Klischee Nummer eins mal überhört und probieren es nochmal, diesmal etwas tiefer: bIyaj'a'? Darauf kam die Antwort: NOCKDACK JOCH DA'ETTEL. Aha. Ich war sprachlos. NOCKDACK hätte jeder zweite meiner Schüler noch erkennen können, und zwar als nuqDaq für wo. Und da wir alle wissen, welcher Laut am schwierigsten auszusprechen ist, kann man den "ETTEL" noch irgendwie zu 'etlh Schwert ableiten. Nach kurzem überlegen fiel mir auch noch das Wort yoH für tapfer ein. Soweit, so gut. Aber was wollte mir dieser Mann jetzt sagen? "Wo ist tapfer er das Schwert?" Hatte er den Satzbau verdreht? Ein adjektivisches Verb nominalisiert? Und was sollte die Vorsilbe Da- (du-es) hier bezwecken? Du schwertest es?
Die Auflösung
Beratungsresistent
Die späte Erkenntnis
Die anschließenden Nächte ließ mir dieses Ereignis keine Ruhe. Ich überlegte, wie jemand von etwas so Falschem so überzeugt sein kann. Es wurde mir bald klar. Man lernt bekanntlich aus Fehlern, deswegen jetzt gut aufgepasst:
Erstens, Satzbau:
Wenn der Satz nuqDaq yuch Dapol Wo hast du die Schokolade heißt, könnte man fälschlicherweise annehmen, dass der Satzbau wie im Deutschen ist, und daher das letzte Wort für Schokolade stehen muss. Also hatte er dieses einfach ersetzt und wir erhalten nuqDaq yuch Da'etlh, was für erfahrene Klingonisten offensichtlich Blödsinn ist. Da der klingonische Satzbau aber genau umgekehrt ist, klingt dieser Satz wie "Wo schwertest du die Schokolade?"
Zweitens, Wortschatz:
Man fragt sich jetzt: warum 'etlh, das heißt doch Schwert, und nicht Ehre? Das ist auch einfach damit zu erklären, dass der Besitz im Klingonischen umgekehrt ist: batlh 'etlh, wörtlich Ehre Schwert, sinngemäß aber: Schwert der Ehre.
Drittens, Aussprache:
Wir erinnern uns an den ersten schlimmen Satz: NOCKDACK JOCH DAPOHL. Das klingt für geübte Ohren ähnlich wie nuqDaq yoH Dapol, ist es aber offensichtlich nicht, da dies wie oben erwähnt keinen Sinn macht. Dann fielen mir aber gleich die Aussprach-Hinweise im deutschen Klingonisch-Wörterbuch ein. Und diese sind aus dem Englischen Original übernommen, also nicht "eingedeutscht"! Wer Englisch kann, liest YOOCH nicht wie auf Deutsch, oder? So wurde aus yuch plötzlich y+oH.
Fazit
Was wir daraus lernen können: Die richtige Aussprache ist sehr wichtig, nicht nur für den Kurzurlaub auf der klingonischen Heimatwelt, sondern auch für ein kurzes Gespräch auf der Con, auf dem Qetlop oder auf dem qepHom. Man sieht auch, dass Klingonisch eine richtige Sprache ist. Es reicht nicht aus, ein paar Sätze auswendig zu lernen, und es reicht auch nicht aus, wenn man in diesen irgendwelche Wörter willkürlich austauscht. Klingonisch ist eine vollwertige Sprache mit eigenen Vokabeln und einem eigenen Satzbau. Wer Klingonisch lernen will, muss auch was dafür tun. Das geht nicht nach einem halbstündigen Vortrag auf einer Modellbauaustellung. Es geht aber auf einem mehrtägigen qepHom.
Dieser Artikel erschien erstmals 2012 im Corona-Magazin, dem umfassendsten Phantastik-Magazin seit 1997, welches seit 2021 unter dem Namen Phantastika vertrieben, und 2022 eingestellt wurde.